Workcamp in der Gedenkstätte Sobibór
vom 8.-16.4.2006:
Die Gedenkallee: Mit der Baumpflanzung Zeichen
gesetzt
NaturFreundInnen machten sich zu Ostern eine Woche lang auf den Weg nach
Sobibór / Ostpolen, nahe des Grenzflusses Bug im Dreiländereck
Polen, Belarus und Ukraine, um in der dortigen Gedenkstätte ein Zeichen
zu setzen und damit ein Stück weitere deutsche Geschichte zu be-
und verarbeiten. Mit der Fertigstellung der aus serbischen Fichten bepflanzten
Gedenkallee – dem nachgestellten Todespfad von rund 250 000 ermordeten
Menschen jüdischen Glaubens von der Rampe bis zur Gaskammer –
haben wir mitgeholfen, ein Stück verdrängte Geschichte wieder
sichtbar zu machen.
Vorbereitung
Die Idee zu diesem workcamp entstand bei mir durch eine Begegnung
mit dem damals noch 84-jährigen Jules Schelvis - einem
niederländischen Überlebenden von Sobibór und anderer
Lager - in der Zeche Carl in Essen im Januar 2005. Auf einer
Veranstaltung dort berichtete er, wie schwer sich die Unterstützung
der Gedenkarbeit dort im Gegensatz zu den anderen beiden Vernichtungslagern
der "Aktion Reinhardt" in Treblinka und Belzec tut. So nahmen
wir Kontakt zum Stanislaw-Hantz-Bildungswerk in Kassel auf,
die bereits seit mehreren Jahren Bildungsfahrten nach Sobibór
veranstalteten, die Idee der Gedenkallee entwickelten und umsetzten,
über gute Kenntnisse und Kontakte Vorort verfügten und auch
die Bücher von Jules Schelvis und Stanislaw Hantz (einem Überlebenden
von Auschwitz / Birkenau) veröffentlichten. Jules Schelvis |
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Sie versprachen Unterstützung und schon während meiner
Teilnahme an ihrer Studienfahrt im September 2005 konnte ich dann
auch schon sämtliche organisatorische Absprachen Vorort treffen.
So entstand der Kontakt zu Robert Kuwalek - dem Leiter der Gedenkstätte
Belzec -, der uns die ganze Woche über hilfreich mit viel Hintergrundwissen
zur jüdischen Frage in Polen begleitete, mit Marek Bem, dem
Leiter der Gedenkstätte von Sobibór und dem Museum in Wjodawa,
sowie zum Kloster in Lublin wegen der Übernachtung und Verpflegung
und zum Busunternehmer, der uns dann auch täglich begleitete.
Ebenfalls wurde der wichtige Kontakt zu den polnischen StudentInnen
hergestellt. Das Bildungswerk versorgte uns mit Bildungsmaterial,
stellte uns mit Steffen einen hochqualifizierten Dolmetscher zur
Verfügung und begleiteten auch den Kontakt zu Jules Schelvis
und Jetje Manheim von der "Stifting Sobibór" in den Niederlanden,
damit wir diesen Zeitzeugen zumindest an 2 Tagen bei uns haben konnten.
Auf der Septemberfahrt lernte ich auch den 79-jährigen Kurt
Gutmann aus Berlin kennen, der den Holocaust in Schottland überlebte.
Die Spur seiner anderen Familienmitglieder verlor sich in Sobibór.
Er sagte spontan zu, unsere Idee persönlich zu unterstützen
und begleitete uns zusammen mit seinem Sohn die gesamte Woche über.
Anreise und Ankunft
Wir starteten mit dem Zug von Dortmund nach Berlin (unterwegs stiegen noch einige dazu) und dann weiter von Berlin-Lichtenberg mit einem Schlafwagen der ukrainischen Bahngesellschaft über Frankfurt/Oder, Warschau nach Lublin. Die Fahrt erwies sich als ziemlich abenteuerlich. Ausgestattet mit dem ersten Informationsmaterial bereitete sich jede/r oder auch schon in gemeinsamen Gesprächen in den Abteilen auf das Kommende vor. Kaum nach einer Mütze Schlaf haschend wurden wir ziemlich barsch von den Grenzpolizisten geweckt. Als diese nach der Kontrolle polternd wieder verschwanden stellten wir zu unserem Erstaunen fest, dass wir nun von dem ukrainischen Begleitpersonal in unserem Wagen eingeschlossen waren. Auch die Toiletten waren während der Nacht verschlossen. Eine Verständigung war wegen fehlender Russischkenntnisse nicht möglich. Am Morgen sollten wir dann noch für 2 Fehlende Vorhänge (sie unterstellten uns mit deutschsprechenden Ukrainern Diebstahl) bezahlen, aber unsere Sturheit ließ das Problem sich selbst erledigen (Probieren kann man es ja einmal).
Die morgendliche Fahrt mit Sonnenaufgang durch kaum enden wollende Birkenwälder versetzte die Empfindungen bei Einigen an die Deportationen über 60 Jahre zurück - nur das wir hier freiwillig den Weg nahmen und auch diese Landschaft beobachten konnten.
Vom Bahnhof wurden wir mit dem bestellten Bus zum Kloster gebracht.
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Kloster mit dem "ewigem Licht" |
Dort war man aber nicht auf uns vorbereitet. Die Zimmer waren noch nicht bezugsfertig und auch das morgendliche Frühstück nicht gerichtet. Man hatte erst am nächsten Tag mit uns gerechnet. Trotz mehrfacher Absprachen im Vorfeld eine Erfahrung die uns auch an den nächsten Tagen noch weiter begleiten sollte. Das Frühstück wurde aber von den Nonnen recht schnell vorbereitet.
Vorstellungsrunde und Stadtrundgang
durch das ehemalige Getto
Da die Ruhephase wegen nicht möglicher Zimmerbelegung entfiel, stellten
wir das Programm kurzfristig um und begannen gleich nach dem Frühstück
mit der Vorstellungsrunde.
Jede/r der TeilnehmerInnen sagte etwas dazu, worüber er die Information
für dieses workcamp bekommen hat und warum er daran teilnehmen
möchte. Der gemeinsame Tenor war bei allen, etwas mehr über
die Vernichtung der Jüdinnen in Polen zu erfahren und einen praktischen
Beitrag zu leisten.
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Kurt Gutmann aus Berlin stellte kurz seine Geschichte und seine kleine Broschüre über sein Leben vor.
Nach der Besprechung von organisatorischen Fragen und der Vorstellung des Programms begann Robert Kuwalek über die Ergebnisse seiner umfangreichen Arbeiten zur Vernichtung von Jüdinnen in Polen, besonders durch hinzufügen zahlreicher ZeitzeugInnen-Erfahrungen, zu berichten.
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Die "Aktion Reinhardt"
Sobibór war ein Vernichtungslager in Polen östlich
von Lublin. 250 000 jüdisch-gläubige Menschen wurden dort
von Mai 1942 bis Oktober 1943 ermordet. Neben Belzec und Treblinka
gehörte Sobibór zu den drei Vernichtungslagern der "Aktion
Reinhardt". Das war der Deckname für die Ermordung der
Jüdinnen und Juden im Generalgouvernement. Über 1.750
000 Menschen wurden in den Gaskammern dieser drei Vernichtungslager
umgebracht. Die konkrete Planung dazu ging von Lublin aus. Am 14.
Oktober 1943 wagten die Arbeitshäftlinge einen Aufstand. 365
von ihnen konnten fliehen. Der Großteil wurde von den Verfolgern
getötet. Nur etwa 55 Menschen erlebten das Ende der Naziherrschaft.
Bis zum 2. Weltkrieg lebten in Lublin rund 40 000 Juden. Wie vielerorts
existierte eigentlich kein Kontakt zwischen den damals 80 000 polnischen
Einwohnern und den vorwiegend jüdisch-orthodoxen Menschen.
In den 30er Jahren prägte sich zusehends ein starker Antisemitismus
unter den Polen aus. Schon vor der Einnahme Lublins zwei Wochen nach
Kriegsbeginn, litten die Juden unter erheblichen Repressionen. Im
März 1942 erfolgte die erste Deportation aus Lublin in die Vernichtungslager
Sobibór, Treblinka und Belzec. Allein in Sobibór wurden
in den folgenden anderthalb Jahren 250 000 Juden kaltblütig ermordet.
Das Lager wurde nach einem Aufstand am 14. Oktober 1943 aufgelöst.
Von den ehemals 40 000 Juden in Lublin überlebten nur ca. 400
den Krieg.
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Eine wichtige Ursache für das „Wegsehen“ der polnischen
Bevölkerung während des Holocaust war die vorangegangene
Isolierung der unterschiedlich gläubigen Menschen. So lebte
die jüdische Bevölkerung häufig in eigenen Dörfern
und Kleinstädten (Stedtl), hatte eigene Schulen, Krankenhäuser
und mit jiddisch auch eine eigene Sprache. Dazu kamen noch die deportierten
zum Teil assimilierten Juden aus dem Westen, die kaum jiddisch sprachen
und von ihrer Lebenssituation sich von den ärmeren Juden des
Ostens unterschieden. Dem stand der intensive praktizierte katholische
Glauben gegenüber. Das erschwerte die Solidarität und
die Unterstützung von Widerstand, oder auch nur das Verstecken
von Jüdinnen erheblich – obwohl es das auch gab. Neben
der Androhung von Gewaltmaßnahmen durch die Nationalsozialisten
zur Einschüchterung haben sich aber auch viele polnische Menschen
an der Not der jüdischen Bevölkerung bereichert.
Der tief verwurzelte katholische Glauben und auch die Ära des
„realen Sozialismus“ verhinderte eine tiefergehende
Aufarbeitung dieser Zeit und macht heute weiterhin einen Antisemitismus
möglich, obwohl es heute kaum noch jüdisch-gläubige
Menschen in Polen gibt.
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Im Anschluss daran gingen wir mit Robert Kuwalek durch das
ehemalige Getto in Lublin, das uns nur anhand von Fotos heute
noch vorstellbar war. |
Überall, wo einmal jüdische Häuser rund um
die Burg standen, die den Nazis als Polizeistation diente, sehen
wir heute weiträumige Plätze. |
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Wir sahen die Gedenktafel an dem Platz, an dem einmal die
Synagoge stand und gingen entlang des Gettos bis hin zu dem
Eingang, wo einmal ein Restaurant stand, das dem Judenrat für
seine Arbeit Raum gab und dessen jüdischer Besitzer mit
den Nazis zusammenarbeitete. In den Hinterräumen betrieb
er auch ein Bordell, wo er Nazis Frauen zur Verfügung stellte.
An dieser Situation ergab sich die Frage, ob dieser Restaurantbesitzer
auch Opfer war oder sich ebenfalls schuldig gemacht hat. |
Bei dem Rundgang waren auch schon die ersten polnischen StudentInnen
anwesend.
Die Begegnung mit dem Zeitzeugen Jules
Schelvis aus Amstelveen
Nach dem Ausruhen, dem eigenen ersten Stadtrundgang und dem Abendessen
setzten wir uns mit dem inzwischen eingetroffenen Jules Schelvis
und seiner Begleitung, Jetje Manheim, die ebenfalls ihre ganzen
Familienmitglieder in Sobibór verloren hat, zusammen.
Er stellte seine Bücher vor – seinen eigenen Leidensweg
und die Arbeit über Sobibór und den Aufstand. Neben
Thomas Blatt, einem heute in Amerika lebenden Überlebenden
des Aufstandes, ist es Jules ausführlichen Recherchen und auch
der Begleitung der Prozesse gegen die Täter (im Besonderen
gegen den SS-Oberscharführer Frenzel) in den achtziger Jahren
in Hagen als Zeuge und Nebenkläger zu verdanken, dass heute
so umfangreiche Informationen über dieses Vernichtungslager
vorhanden sind.
Immer wird ihm die Frage gestellt, wie er nach dem Erlebten heute
damit umgehen kann. Auch er sieht eine Verpflichtung darin, als
Überlebender „kein Gras darüber wachsen“ zu
lassen und die Erinnerung und Mahnung daran besonders jungen Menschen
zu vermitteln.
Am nächsten Morgen fuhren wir gemeinsam mit ihm und den polnischen
Studenten mit dem Bus vorbei an vielen, gerade besetzten Storchennestern
durch die weite polnische Landschaft nach Sobibór. Dabei
auch eine Delegation des Stanislaw-Hantz-Bildungswerkes, die zusammen
mit einem Künstler aus Kassel einen Eindruck für ein mögliches,
künstlerisch gestaltetes Denkmal für die Gaskammer bekommen
wollen.
Der erste Eindruck der TeilnehmerInnen entsprach zum Teil
nicht ihren Vorstellungen. Die Nazis hatten nach dem Aufstand
am 14.10.1944 das Vernichtungslager dem Erdboden gleichgemacht
und Bäume auf dem Gelände gepflanzt, um aller Spuren
zu überdecken. So sahen wir zuerst nur die kleine Holzbaracke,
in der eine kleine Ausstellung untergebracht ist. |
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Jules ging mit uns zur Rampe, die heute der umliegenden Holzwirtschaft
dient, wo die Deportierten ankamen und selektiert wurden. Er selbst
kam hier am 4.6.1943 mit 3006 anderen jüdischen Menschen aus
Westerbork an.
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Er war durch einen glücklichen Zufall bei den 81 zur
Arbeit Eingeteilten, in dem er sich einfach zu den 80 Ausgewählten
stellte. Seine Familie, darunter auch seine junge Frau, kamen
direkt in die Gaskammer. |
An der Gedenkmauer, an der heute Bronzetafeln zur Erinnerung in
verschiedenen Sprachen angebracht sind, erklärte er uns, dass
früher hier nur die Zahl 250 000 vernichteter Polen erwähnt
wurde. Erst auf die Initiative der Überlebenden wurde hier
nun auf die Vernichtung von Juden aus verschiedenen Ländern
hingewiesen.
Wir gingen zusammen die von dem Stanislaw-Hantz-Bildungswerk initiierte
Gedenkallee mit den ersten Gedenksteinen an den gepflanzten Fichten
entlang zur der Stelle, wo sich die Gaskammer befand.
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Hier soll dann einmal die gepflanzte Gedenkallee enden. |
Danach kamen wir auf den Aschehügel zu, der zur Erinnerung
angelegt wurde. Der Streit, ob hier nun wirklich die Asche der Ermordeten
liegt oder nicht, scheint zu theoretisch, da die Menschen, die hier
herkommen, um ihren Angehörigen zu gedenken, diese Stelle bereits
so angenommen haben. Wir konnten das auch an den abgelegten Blumen
und abgebrannten Kerzen erkennen.
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Wir bedankten uns bei Jules mit einem Buchgeschenk über
die Geschichte der NaturFreunde dafür, dass er trotz seines
hohen Alters den weiten Weg auf sich genommen hat, um uns hier
Vorort authentisch von seinen Erlebnissen und Recherchen zu
berichten. |
Die Bepflanzung der Gedenkallee und andere Arbeiten
Nach der Verabschiedung von Jules empfing uns der Leiter der Gedenkstätte,
Marek Bem mit seinem Team mit warmen Worten und wir besprachen zusammen
mögliche Arbeiten.
Neben
der Weiterpflanzung der Gedenkallee sollten wir die Anlage von durch
den Wintersturm heruntergefallenen Ästen aufräumen. Nach
Ausgabe des Werkzeuges wie Schaufeln, Spaten, Harken schoben wir
mit den Schiebkarren los. Ich war gespannt, wie sich die einzelnen
Arbeitsgruppen finden würden.
Der Gärtnermeister Christoph - mit dem wir uns mit Händen
und Füssen verständigten, wenn der Dolmetscher Steffen
oder Ewa, die einzige polnische Studentin, die auch deutsch sprach,
nicht zur Verfügung standen - zeigte uns wie und in welchem
Abstand wir die Bäume pflanzen sollten. Ohne Probleme bildeten
sich die Gruppen nach den persönlichen Möglichkeiten.
Einige gingen Äste sammeln, andere schafften mit Karren
die über 500 Meter entfernt bei der Forstverwaltung gelagerten
Fichten heran.
Andere gruben die Löcher für die Bäume, andere
befreiten die Wurzelballen aus ihrem Netz und pflanzten sie
in die ausgehobenen Löcher.
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Wiederum andere traten die Pflanzlöcher fest und legten
Gießringe zum Wasserangießen an. Einige fingen
schon an, Eimer und Kanister an einer eingerichteten Wasserstelle
zu füllen und die eingepflanzten Bäume anzugießen |
Schon nach kurzer Zeit war der Ablauf und die Zusammenarbeit so
eingespielt und reibungslos, dass wir bereits am 1.Tag 80 Bäume
pflanzten. Dieses Tempo hat mich beeindruckt, aber auch nachdenklich
gestimmt. Ein Ausschnitt aus einem Gedicht einer Teilnehmerin drückte
das so aus:
Am nächsten Tag ging die Arbeit und das Arbeitstempo –
trotz zum Teil peitschenden Regens und nasser Kälte –
genauso weiter.
Überrascht waren wir über den Zustand der einzupflanzenden
Bäume, die nun auch schon direkt an der Gedenkallee standen.
Sie waren zum Teil mit Lametta und Papiersternen geschmückt
und befanden sich noch in Plastikeimern. Wie sich dann aufklärte
waren es Bäume, die Marek Bem bereits zur Weihnachtszeit für
eine Aktion in Wjodawa angeschafft hatte. Wir entfernten also den
Schmuck und schafften es, an diesem Tag sogar 128 Bäume einzusetzen.
Darüber hinaus lösten wir mit einer kleinen Gruppe
an den bereits in den Vorjahren gepflanzten Bäume die Bänder
von den Stabilisierungspfählen, gruben diese aus und schlugen
sie bei den neu angepflanzten Bäumen wieder ein. Eine eigentlich
nicht sinnvolle Aktion, da auch die anderen Bäume noch
diesen Schutz vor dem böigen Wintersturm nötig hatten,
aber aus Kostengründen keine neuen Pfähle angeschafft
werden konnten.
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Auch wechselten wir 5 Bäume aus der bisherigen Gedenkallee
aus, die nicht angewachsen waren.
Gegen die Kälte und Nässe hatten die Menschen der Gedenkstätte
in einem Nebenraum für uns ständig heißen Kaffee
und Tee bereit. Eine nette Geste.
Am dritten Tag fuhren wir morgens zuerst auf Einladung von
Marek Bem, der auch gleichzeitig Leiter des jüdischen Museums
– untergebracht in der ehemaligen Synagoge – ist,
nach Wjodawa. |
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Diese wunderschöne Synagoge diente den Nazis als Lager
und blieb daher erhalten. Leider gibt es in dieser Kleinstadt
keine jüdisch-gläubigen Menschen mehr, die diese nutzen
könnten. Wir sahen uns dort um und Marek Bem zeigte uns
einen aufschlussreichen, amerikanischen Film über die Rekonstruierung
und die Forschungen über das Lager |
Wieder in Sobibór schafften wir an diesem Tag 79 Bäume
einzupflanzen und auf der gesamten Anlage den Müll (zum Teil
viele leere Flaschen mit alkoholischen Getränken) zu sammeln.
Am Ende des Tages war deutlich, dass wir am nächsten Tag unsere
Arbeiten abschließen könnten. Marek Bem hatte uns an
den Tagen zuvor schon immer bedrängt, am Karfreitag und Ostersamstag
wegen des hohen katholischen Feiertages doch nicht zu arbeiten.
Monate vorher waren aber auch mit ihm die Arbeitstage abgesprochen
und fanden nicht seinen Widerspruch. Nun hatte sich also durch unser
Arbeitstempo das Problem von selbst gelöst und wir mussten
neu planen......
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So konnten wir den Donnerstag – unseren letzten Arbeitstag
in Sobibór – geruhsam angehen lassen. Die letzten
41 Bäume waren bald eingesetzt. Probleme gab es noch mit
einem die Gedenkallee kreuzenden Weg.
Hier musste die Wegebefestigung aufgebrochen und dann die Bäume
eingepflanzt werden.
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Am Ende der Gedenkallee standen 2 kleine Birken im Wege. Sie
mussten leider kurzerhand gefällt und das Wurzelwerk ausgegraben
werden. Das kostete nocheinmal viel Schweiß. Zwischenzeitlich
waren auch alle Bäume gewässert, die Wege geharkt
und auch noch Ständer für zwei Hinweistafeln einbetoniert
worden. |
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Nach einem zünftigen Gruppenfoto in der Gedenkallee, das später
in der Gedenkstätte zur Erinnerung an unsere Arbeit aufgehängt
werden soll, setzen wir symbolisch noch einen Gedenkstein.
Abschließend hatte jede/r noch einmal Zeit und Raum sich
von dieser Arbeit, der Gedenkstätte und der Erinnerung an die
hunderttausendfachen Morde zu verabschieden.
Marek Bem und sein Team verabschiedete uns mit herzlichen Dankesworten.
Er war begeistert und beeindruckt von unserer Leistung und unserem
Einsatz für diese Gedenkstätte und dem sichtbaren Zeichen,
das wir mit der Vollendung dieser Gedenkallee gesetzt haben.
Die symbolische Steinsetzung für
Gertrude Schönborn und Walter Poppert
Da die Gedenkstätte eigentlich nur von Mai bis Oktober geöffnet
hat, können die „offiziellen“ Gedenksteine auch
erst in dieser Zeit gesetzt werden. Von daher gab es nur eine symbolische
Steinsetzung.
Die ersten Überlegungen bei der Vorbereitung, für wen
dieser Gedenkstein sein sollte, ging in die Richtung, es sollte
eine Frau sein, die am Aufstand beteiligt war. Da gab aber die Literatur
und die Kenntnisse nicht viel her. Einige Frauen haben den Aufstand
überlebt, aber die Gedenkallee will ja gerade an die in Sobibór
Ermordeten erinnern. Dann gab es beim Lesen der Literatur eine Verbindung
zu dem Aufstand und dann auch noch zu Dortmund: Gertrude Schönborn
und Walter Poppert.
In der Frauenbaracke, in der Alexander Pechersky zusammen mit Leon
Feldhendler den Aufstand vorbereitete, gab es eine Frau namens „Luka“,
mit der Pechersky nach außen hin für die Mithäftlinge
und dem Wachpersonal eine Beziehung pflegte, damit die Treffen nicht
zu auffällig waren.
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Die Recherchen verliefen recht schwierig. Großen
Dank gilt dafür Dieter Knippschild vom Stadtarchiv Dortmund,
der uns dabei dankenswert unterstützte. Diese Frau „Luka“
war Gertrude Schönborn-Poppert (den Doppelnamen gibt
es nur in niederländischen Quellen). Sie ist am 29.6.1914
geboren und stammt aus Dortmund. Sie lebte dort zusammen mit
ihren Eltern:
Anton Schönborn, Kaufmann, * 9.4.1875 in Köln,
katholisch, und seiner Ehefrau Selma, geb. Rosenbaum, *23.12.1882
in Warburg, jüdisch. |
Bei der Geburt wohnte die Familie Hövelstr. 2, später
in der Hohe Str. 61 1/2. Sie hatte noch eine Schwester, Hilde Schönborn,
Kontoristin,* 19.5.1910 in Dortmund. Für den Vater ist die
Zugehörigkeit zur katholischen Konfession ausgewiesen. Alle
weiblichen Mitglieder der Familie gehörten zur jüdischen
Religionsgemeinschaft. Damit waren die Töchter, obwohl nach
den „Rassekriterien“ wahrscheinlich nur „Halbjüdinnen“,
„Geltungsjüdinnen“ und damit „Volljüdinnen“
rechtlich gleichgestellt (in der Diskriminierung). Sie zog laut
Hausstandsbuch 1. Januar 1939 nach Amsterdam. Dies ist aber wohl
nur das offizielle Abmeldedatum. Laut einen Randvermerk auf der
Geburtsurkunde hat sie am 22.12.1938 in Amsterdam Walter Poppert
- * 26.3.1914 in Dortmund - geheiratet.
Laut Wiedergutmachungsantrag (ZK-Nr. 609 865) wohnte Gertrud
Poppert zuletzt in Amsterdam in der Utrechter Str. 113. Das
Ehepaar wurde von dort gemeinsam nach Sobibór transportiert.
Obwohl Sobibór ein fast reines Vernichtungslager war,
wurden sie selektiert und dem dortigen jüdischen Arbeitskommando
angegliedert. Dort soll Walter Poppert sogar zwei Wochen Kapo
des „Waldkommandos“ im Lager II gewesen sein.
In allen bisher ermittelten Quellen wird als Todesdaten für
Walter Poppert der 31.10.1943 in Sobibór angegeben.
Für Gertrude Poppert finden sich die Todesdaten 30.11.1943.
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Da der Aufstand am 14.10.1943 stattfand, haben die Popperts den
Aufstand wohl miterlebt, wenn nicht gar aktiv an der Planung und
Durchführung teilgenommen. Überlebt haben sie aber die
Auflösung des Lagers nicht.
In einer kleinen Ansprache und mit anschließender Gedenkminute
wurden den TeilnehmerInnen diese Informationen vermittelt und als
eine gemeinsame Aktion der Gruppe der Gedenkstein mit der Aufschrift
symbolisch gesetzt:
Gertrude Poppert geb. Schönborn
Dortmund 29.6.1914 – ermordet 1943 Sobibor
Walter Poppert
Dortmund 26.3.1914 – ermordet 1943 Sobibor
TeilnehmerInnen des Sobibór-Workcamps, April 2006
der NaturFreundejugend NRW e.V., Deutschland
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Besuch des Durchgangsgettos Izbica und
Zamosc, der Geburtsstadt von Rosa Luxemburg
Da wir nun einen Tag zur freien Verfügung hatten, stimmten
wir uns mit Robert Kuwalek ab und besuchten Izbica. Diese Stadt
wurde unter den Nazis zum Durchgangsgetto zu den Vernichtungslagern.
Wir besichtigten gerade die ehemalige Rampe, als ein fürchterliches
Unwetter über uns losbrach.
Durchnässt stiegen wir wieder in den Bus und bekamen dort
die notwendigen Informationen. Als die Sonne wieder hervorkam gingen
wir zum Geburtshaus von Thomas Blatt – einem Überlebenden
des Aufstandes von Sobibór.
Als er nach leidvollem Überleben in Erdlöchern in
den polnischen Wäldern oder in Verstecken bei Bauern nach
dem Krieg wieder zum Haus zurückkehrte – dann aber
nach Amerika auswanderte – schlugen Nachbarn den Putz
von den Wänden, weil sie vermuteten, er hätte dort
noch Wertsachen versteckt. |
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Der jüdische Friedhof, der von dem Bildungswerk in Kassel
in Zusammenarbeit mit einer ortsansässigen Schulklasse gepflegt
wird (ich war im letzten Jahr bei der Einweihung der Hinweistafeln
dabei), glich einem ziemlichen Müllhaufen.
Ziemlich achtlos haben hier die polnischen Bewohner einer benachbarten
Siedlung, die den Friedhof als Abkürzungsweg benutzen, ihren
Müll weggeworfen. In einer gemeinsamen Aktion befreiten wir
in kurzer Zeit diesen Ort, an dem über 500 Menschen ermordet
wurden, vom Müll.
Doch wohin mit den blauen Müllsäcken? Eine Teilnehmerin
wollte ihren Sack auf dem Marktplatz neben einem Papierkorb stellen
und erntete dafür den Protest von älteren Anwohnern, die
gerade dabei waren, ein katholisches Denkmal zu schmücken.
Die Umgebung war hier blitzblank.
Gedenken an die „Krieger“.
Wer denkt an die Menschen??
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Auch hieran konnten wir ganz konkret erkennen, welche Bedeutung
hier die katholische Kirche hat und wie mit der jüdischen Geschichte
umgegangen wird. Den gesamten Müll entsorgte später unser
freundlicher Busfahrer.
Im Anschluss daran fuhren wir nach Zamosc, der Geburtsstadt
von Rosa Luxemburg und legten dort auf besonderen Wunsch von
Kurt Gutmann die eigens von ihm dafür besorgten roten
Nelken an ihrem Haus in einer Arkadengasse nieder. |
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Es blieb trotz strömenden Regens Zeit sich die Stadt, besonders
den im italienischen Baustil gestalteten, großräumigen
Rathausplatz anzusehen.
Das KZ Majdanek
Am letzten Tag fuhren wir zusammen mit Robert Kuwalek, der auch
im Gremium dieser Gedenkstätte sitzt und sich deshalb auch
hier gut auskannte, nach Majdanek. Diese Fahrt war ursprünglich
für Freitag geplant.
Wir gingen zusammen mit ihm durch das Gelände und besuchten
die Ausstellungen in den einzelnen Baracken.
Das Konzentrationslager in der Nähe des Lubliner Stadtteils Majdanek / Tatarskiim
wurde von den Nazis im Spätsommer 1941 auf Befehl von Reichsführer SS Heinrich Himmler errichtet.
Den Baubefehl für das Konzentrationslager erteilte SS-Oberführer Dr.-Ing. Hans Kammler
Ende September 1941 zeitgleich mit dem Befehl zum Aufbau des KZ Auschwitz.
Sowjetische Kriegsgefangene und polnische Zivilarbeiter
umzäunten das Gelände und führten die ersten
Bauarbeiten aus. Sofort nach der Errichtung der ersten Sicherungsanlagen
verlegten die Deutschen einige hundert sowjetische Kriegsgefangene
in das Konzentrationslager.
Die Zahl der Häftlinge wuchs bis Ende 1941 auf 5.000 an.
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Auf Grund der katastrophalen Bedingungen im Lager breitete sich eine Fleckfieberepidemie aus,
die in kurzer Zeit
fast alle inhaftierten Soldaten dahinraffte. Nur 150 bis 200 von
ihnen überlebten. Es kamen neue Inhaftierte: polnische Bauern aus der Umgebung,
die nicht die von den deutschen festgelegten Mengen an landwirtschaftlichen
Produkten abgeliefert hatten, Häftlinge
aus deutschen Konzentrationslagern, und kleine Gruppen von Juden, vor
allem Facharbeiter
Die ersten großen Judentransporte erreichten Majdanek erst im März und April 1942
mit zehntausenden Juden aus der Slowakei.
Sie brachten ihr Geld, ihren Schmuck und die Handwerker ihr Werkzeug
mit, weil ihnen die Nazis erzählt hatten, sie könnten
in Polen ein neues Leben beginnen. Später kamen Transporte
mit Juden aus allen von den Deutschen besetzten Gebieten. Für 150.000 Menschen hatten
die Nazis das Lager geplant. Dazu kam es aber nicht mehr.
Wegen der durch den Krieg verursachten Verknappung
von Baumaterial konnten sie ihre Pläne nicht verwirklichen.
Das Lager erreichte deshalb lediglich eine Kapazität von 35.000
bis 40.000. Nur ein kleiner Teil des Lagers ist heute erhalten geblieben.
Das "Mausoleum für die Opfer des Faschismus". ähnelt
einer fliegenden Untertasse, deren obere Hälfte
angehoben ist. Das Denkmal hat einen Durchmesser von rund 20 m und
ist gefüllt mit der Asche von ermordeten Menschen.
Ein Stück weiter steht eine Holzbaracke mit einem Schornstein
aus Backstein. Der Schornstein ragt mehrere Meter über das Dach hinaus.
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Es ist das Krematorium. Im Inneren des Krematoriums ist es
düster. In vier Sprachen erfährt der Besucher auf Tafeln, dass
Häftlinge die Leichen – bevor sie in die Verbrennungsöfen
kamen - nach Goldzähnen untersuchen mussten. In den sieben
Brennöfen konnten jeden Tag 1.000 Leichen verbrannt werden.
Wenn die Kapazität nicht ausreichte, ließen die Nazis wie in Sobibor
die Toten auf Schienen und Kfz-Wagen im Freien stapeln und verbranten sie dann. |
Die Zahl der im KZ-Majdanek getöteten Menschen werden auf
rund 230.000 geschätzt. 100.000 von ihnen waren Juden. Den
Höhepunkt des Mordens bildete das so genannte "Erntefest"
am 3. November und 4. November 1943. In Zehnergruppen mussten die
Gefangenen vortreten. SS-Leute erschossen sie kaltblütig. Danach mussten die nächsten
zehn Juden vortreten, sich auf die Toten stellen und wurden dann ebenfalls
erschossen. Marsch- und Unterhaltungsmusik aus den Lautsprechern
übertönte den Hall der Schüsse. Die ganze Nacht lang.
Am Morgen waren 18.000 Menschen ermordet worden.
Erst 1975 rückte das KZ-Majdanek in der Bundesrepublik
in das öffentlichen Interesse, als in
Düsseldorf der so genannte Majdanek-Prozess gegen 16 SS-Leute
begann. Der Prozess dauerte mehrere Jahre. Die Urteile wurden
den unmenschlichen Taten nicht gerecht. |
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Mit Wut im Bauch und zum Teil tief bewegt über das Unbegreifliche
stiegen wir wieder in den Bus.
Die Gespräche mit den polnischen
StudentInnen
Während der Arbeit, auf der täglichen, längeren
Busfahrt und während der Mahlzeiten im Kloster gab es immer
wieder Gelegenheit – wer die englische Sprache beherrschte
– zu einem intensiven Austausch, den auch einige TeilnehmerInnen
nutzten. An einem Abend stellten die Studenten ihre Umfrage zum
Holocaust und zum heutigen Antisemitismus vor. Hier wurde deutlich
– je nach Bildungsstand -, dass sich kaum damit befasst wurde.
Nur auf dem Gymnasium kommt es, wenn auch nur kurz, zur Sprache.
In den Familien gibt es kaum Auseinandersetzungen zu diesem Thema.
Es gibt in ihrem Bewusstsein keinen Unterschied zwischen Getto und
KZ, Warschau ist dazu bekannt und es wurde Majdanek genannt, auch
vereinzelt Auschwitz – aber nicht die 3 Vernichtungslager.
75 % sehen allerdings die jüdische Bevölkerung durch den
Krieg geschädigt. Auch gibt es die Meinung, dass die Menschen,
die JüdInnen geholfen haben nicht so vom Staat geehrt werden
wie die Partisanen. Am Holocausttag wird mehr den JüdInnen
gedacht als den Polen. Trotz der teils schwierigen Übersetzungen
gab es lebhafte Nachfragen.
Bei einer weiteren Diskussion ging es um den Beitritt Polens zur
EU. Dabei drehten die StudentInnen den Spieß um und legten
uns 5 Fragen vor. Ein Schwerpunkt war die Angst vor dem Aktionen
des Vertriebenenzentrums. Hier konnten wir uns darauf verständigen,
dass diese Beteiligten in unserem Land eine nicht bedeutsame Minderheit
darstellen und die Frage in der öffentlichen Meinung in Polen
größere Bedeutung hat wie bei uns. Die Kritik an der
EU von uns wurde von ihnen zuerst als Gleichsetzung mit ihren eigenen,
nationalistischen EU-Gegnern aufgenommen. Aber im Verlauf der Diskussion
konnten wir deutlich machen, dass es uns um Sicherung von Sozialstandards
orientiert an den besseren und nicht an dem unteren Niveau ging.
Die StudentInnen setzen große Hoffnung in die Zukunft der
EU und die negativen Auswirkungen sind ihnen zum Teil nicht bekannt.
Wichtig aber für beide Seiten war, etwas zusammen über
die Ländergrenzen hinweg – wie dieses workcamp in Sobibór
– gemeinsam uns selbstorganisiert zu machen und sich dadurch
besser kennen zu lernen.
Die Abende, Freizeit und die Abschlussrunde
Da nicht nur die körperliche Arbeit eines langen Tages anstrengte,
sondern auch die Verarbeitung der zahlreichen, kaum zu glaubenden
Informationen über den Holocaust hier und der konkreten Eindrücke,
gab es nicht nur auf den insgesamt 3-stündigen Busfahrten nach
Sobibór und zurück die Möglichkeit zu entspannen,
sondern auch zwischen den Abendmahlzeiten und dem Abendprogramm.
So machten die TeilnehmerInnen entweder einen individuellen Erkundungsgang
in Lublin oder legten sich aufs Ohr.
Nach der Diskussion mit den polnischen StudentInnen sahen wir uns
an zwei Abenden Filme über den Aufstand in Sobibór an.
Der erste war ein amerikanischer Spielfilm, der von dem Überlebenden
Thomas Blatt autorisiert wurde. Der zweite eine ARTE-Dokumentation
von einem niederländischen Filmteam über die Überlebenden
des Aufstandes.
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Vor den jeweiligen Treffen am Abend war auch immer die Möglichkeit,
sich in der Gruppe über das am Tag Erlebte auszutauschen,
wenn das nicht schon auf der Busfahrt passiert war. Den Abend
abschließend wurde dann auch noch nach Bedarf in kleineren
Kreisen die umliegenden Lokale der Lubliner Altstadt besichtigt. |
Die Mahlzeiten im Kloster waren schmackhaft und der regionalen
Küche angepasst. Da die Nonnen den hohen Feiertag zu Ostern
persönlich nutzen wollten, mussten wir – auch entgegen
vorherigen Absprachen – die beiden letzten Abendmahlzeiten
in einem naheliegenden Restaurant einnehmen, wo wir dann auch
gemeinsam zu unserem Abschlussabend zusammen gekommen sind. |
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Beim Abschlussgespräch – bevor wir dann wieder die Nachtfahrt
über Warschau, Berlin nach Dortmund antraten – hoben
die TeilnehmerInnen besonders hervor, dass es wichtig war, Jules
Schelvis und Kurt Gutmann dabei gehabt und sie mit ihrem verarbeiteten
Erfahrungen kennen gelernt zu haben. Ihre Erwartungen – einen
praktischen Beitrag leisten zu können und dennoch viel Hintergrundinformationen,
besonders durch die Zeitzeugen, zu bekommen – hatten sich
mehr als erfüllt. Gedankt wurden den OrganisatorInnen von den
NaturFreunden für diese Fahrt, dem Bildungswerk für die
Unterstützung, besonders dem unermüdlichen Übersetzer
Steffen und Robert Kuwalek, dem „wandelnden Buch“. Da
in Zukunft die Gedenkstätte in Sobibór aus finanziellen
Gründen bedroht ist, soll sich dafür stark gemacht werden,
das zu verhindern. Hajo, der Sohn von Kurt Gutmann möchte zu
Sobibór eine webside einrichten, um Informationen weiter
zu verbreiten. 2 TeilnehmerInnen wollen sich weiterhin darum bemühen,
ein weiteres workcamp zu organisieren.
Die Weiterarbeit an diesen Fragen –
besonders auch durch staatliche Unterstützung wie durch den
Landesjugendplan ist wichtig, weil:
„Gott! Wie zerbrechlich, wie ungeheuer dünn
ist die Kruste der Zivilisation. Wie leicht wird die Schutzhülle
– sobald die Bedingungen dafür gegeben sind –
zerspringen und eine Bestie hervorbrechen. Davor habe ich
Angst... (Thomas
Blatt auf einer Veranstaltung in Frankfurt 1999)
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Mai 2006 |
Georg Bückle |
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Ein Gedicht einer Teilnehmerin:
Der Wald von Sobibór
Eilig gepflanzte Bäume
sollten die Spuren ihrer Verbrechern überwuchern.
An jeder ihrer Wurzel
haftet Asche und Blut von 250.000 Menschenseelen.
Birkenstämme krümmen sich
unter der Last des Schmerzes und der Trauer.
Die Erde tränengetränkt.
Eilig gepflanzte Bäume
sollten die Spuren ihrer Verbrechen überwuchern.
Es ist ihnen nicht gelungen,
denn jeder einzelner Baum steht als Zeugnis
unzähliger Opfer ihrer kaltblütigen Tötungsmaschinerie.
Von Heike für Kurt und jeden einzelnen Menschen
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